Anmerkungen zu den Internen Studien

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Autor: Atomito, 11. Juli 2008

(Original: El fiascum generale)


Wenn es irgendetwas gibt, worin die falsche Botschaft des Opus-Marketings so klar zutage tritt, dann ist es die Farce der internen Studien der Philosophie und der Theologie.

Als ich mit vierzehn Jahren gepfiffen habe, glaubte ich die Geschichte, dass die Numerarier diese Disziplinen von Grund auf und ernsthaft studieren. Angeblich studieren sie sie auf einem höheren Niveau, als es in Seminarin und katholischen Universitäten erforderlich ist. Mit persönlich hat die Philosophie immer gefallen, und ich wollte über Themen diskutieren, die an die Wurzel der Dinge gehen. Als ich aber meinen ersten Jahreskurs als “Erwachsener” besuchte (in den vorangegangenen wurden keine Materien aus Philosophie oder Theologie gelehrt, sondern ein generischer Kurs “katholischer Doktrin”), war ich neunzehn und freute mich sehr. Aber ich erlebte ein großes Fiasko, das im Lauf der Jahre nur noch schlimmer wurde, weil ich bei jedem Jahreskurs aufs Neue erfahren musste, dass alles eine absolute Farce war.

Die Professoren haben keine Ahnung

Ich denke, dass ich ein ziemlich guten Ingenieur bin. Aber sollte ich en Auftrag bekommen, einen Kurs über Physik oder digitale Systeme zu halten, würde ich ordentlich ins Schwimmen kommen. Man kann sich auf ein oder zwei Themen spezialisieren und ein hervorragender Dozent auf diesen Gebieten sein, aber es ist ein Unsinn zu glauben, dass ein Ingenieur Kurse über alles halten könnte, womit er irgendwann in seiner Karriere zu tun hatte.

Das ist allerdings das, was im Opus passiert. Der Professor, und das ist immerhin jeder, der die Internen Studien abgeschlossen hat, erfährt zwei Monate im voraus, dass er in diesem Sommer “Kosmologie II” lehren muss, im nächsten Jahr “Logik I” und dann “Der dreifaltige Gott” etc. Auch wenn die Priester des Opus allesamt Genies wären, wäre es unmöglich, dass sie auf diese Weise ordentliche Kurse halten könnten, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie sich das ganze Jahr über pastoralen Aufgben widmen und keinen intellektuellen. Die Kurse bereiten sie wenige Wochen vor dem Sommer vor, indem sie in der knappen Zeit, die ihnen bleibt, die Dinge nachlesen. Einige beschränken sich auch darauf, aus dem Buch Punkte zu diktieren, die Leute beschränken sich aufs Mitschreiben, und damit hat sich´s.

Das Studienmaterial ist schlecht

Zu jedem Kurs gibt es “Aufzeichnungen”, die jemand kompiliert hat und die im Format A4 gedruckt werden. Ich weiß nicht, ob sich in der Zwischenzeit etwas geändert hat – ich bin vor immerhin 20 Jahren gegangen –, aber ich glaube es nicht. Es kann sein, dass diese Aufzeichnungen ein gutes Kompendium abgeben, wenn der, der es zusammengestellt hat, vom Thema etwas versteht. Aber in jedem Fall, wenn einer nicht Bücher von verschiedenen Autoren studiert und verschiedene Glocken läuten hört, verschiedene Meinungen ausdiskutiert, wird sein Blick auf die Materie sehr beschränkt sein. Das Opus ist darum besorgt, dass die Leute “die gute Lehre” mitbekommen, nicht, dass sich vertiefen und wirklich mit dem Gegenstand beschäftigen. Deshalb ist es wichtiger, wenig zu lesen, aber Dinge, die sicher sind, statt weitläufigere und vertiefte Ansichten, die sich als “gefährlich” erweisen können.

Es gibt sehr wenig Zeit zum Studieren

Generell studieren die Numerarier die Grundlagen von Philosophie und Theologie in den “Jahreskursen”, die im Sommer abgehalten werden. Der Tagesablauf dieser dreiwöchigen Konvivenzen ist voll von Aussprachen, Frömmigkeitsübungen, geistlicher Leitung, Gespräch mit dem Priester, Katechismus der katholischen Glaubenslehre, Katechismus des Werkes, Beisammenseins, Einkehrstunden etc. Es bleibt sehr wenig Zeit zum Studieren. Manchmal muss man sich etwas von der knappen Zeit, die der Erholung gewidmet ist, abzweigen, um sich in eine Materie zu vertiefen. Die Schlussfolgerung ist, auch wenn jemand sehr gut zum Lernen disponiert ist und alles liest, was es gibt, erreicht er bestenfalls einen oberflächlichen Firnis auf diesem Gebiet.

Fragen werden nicht gestellt

Eins der Dinge, die mich am meisten schockiert haben, war die Vorschrift, dass man “dem Professor im Unterricht keine Fragen stellt”. Gedacht ist, dass man sie schriftlich stellt, und der Professor beantwortet sie persönlich (wenn er will) außerhalb des Unterrichts. In Wirklichkeit hat er keine Lust, Fragen zu beantworten, weil er keine gute Antwort hat, er sagt, was gilt, und die Diskussion ist beendet. Ich glaube, dass eine wirkliche Universität, die so verfährt, am nächsten Tag ohne Studenten dastünde.

Die Prüfungen sind ein Scherz

Was mich auch schockierte und was ich nie verstehen werde, dass man den Leuten bei der Prüfung nie gesagt hat, ob alles stimmt oder ob sie durchgefallen sind. Ebensowenig durfte man einen anderen Numerarier fragen, wie es ihm bei seiner Prüfung gegangen ist. Ich weiß nicht, wofür diese Heimlichtuerei gut sein soll.

Angeblich wollte der Gründer, dass nur die durchkommen, die beiden besten Notengrade in den kirchlichen Studien haben (“Summa cum laude” und “Magna cum laude”). Aber in der Praxis es sieht fast so aus, dass man bei den Prüfungen mit nur zwei Kalküls durchkommt: mit dem Minimum an Aufwand, oder etwas mehr als dem Minimum. Es ist keineswegs so, dass die Numerarier, um durchzukommen, mindestens 9 von 10 Fragen beherrschen müssen. Die Prüfungen sind mündlich, und so weiß man nachher nicht wirklich, wie diese Prüfung verlaufen ist, aber man weiß, dass die meisten ohne großen Aufwand durchkommen.

Lernen heißt, aus dem Gedächtnis wissen

Wie ich schon vorher sagte, das Wichtigste bei diesem Erziehungssystem, wenn es denn diesen Namen verdient, ist, dass die Leute die “sichere Lehre” erlernen. Gefährlich wäre es aber im Gegenteil zu erreichen, dass die Leute anfangen zu denken, kritisches Urteil zu entwickeln, den Dingen auf den Grund zu gehen, verschiedene Strömungen zu studieren, den Unterschied zwischen verschiedenen Lehrmeinungen zu erörtern etc. Deshalb muss man, um den Stoff zu beherrschen, die Unterlagen lernen und wörtlich wiedergeben. Wer von der Unterlage abweicht, peinliche Fragen stellt und „die gute Lehre“ hinterfragt, bekommt eine brüderliche Zurechtweisung.

Am Anfang dachte ich mir: “Na gut, es kann ja sein, dass es in meiner Region so läuft, aber anderswo funktioniert das sicher besser. Ich glaubte ja auch, dass die ersten Priester, die im Werk geweiht wurden, sich ernsthaft darauf vorbereitet haben, wie der Gründer gern voll Stolz erzählte. Aber seitdem ich die Wahrheit über das Theologiestudium des Gründers erfahren habe, werde ich mir bewusst, dass auch das immer eine Farce war.

Ich erinnere mich, dass die Jahreskurse ziemlich kostspielig waren. Die Empfindung, die ich heute damit verbinde, wenn ich an das Fiasko der „Internen Studien“ denke, ist, dass sie mir das Geld zurückgeben müssen.